Die Tage werden länger, die Sonne wärmer und das erste Grün zeigt sich – der perfekte Zeitpunkt, das Fahrrad aus dem Keller zu holen und sich fit für den Frühling zu machen. Aber Vorsicht: Muskel- und Gelenkschmerzen sind keine Seltenheit, wenn man sich nach dem langen Winter allzu leichtfertig auf den Sattel schwingt.
Wahrscheinlich können Sie es auch schon kaum mehr erwarten: Die erste große Tour ist geplant und das Wetter spielt auch endlich wieder mit. Klar, dass Sie sich bereits ausgiebig mit Ihrem Rad beschäftigt und es frühjahrsfit gemacht haben. Und was ist mit Ihnen selbst? Sind Ihre Knochen und Muskeln auch schon bereit? Wer Schmerzen und Verletzungen vorbeugen möchte, sollte sich diese Frage zu Beginn der Saison frühzeitig stellen. Denn nichts wäre doch ärgerlicher, als durch ein überflüssiges Versäumnis den Sommer lang zuschauen zu müssen, wenn andere vergnügt und sportlich in die Pedalen treten!
Vor der Kür kommt die Pflicht
Aus Sicht eines selbst leidenschaftlich gern Rad fahrenden Orthopäden führt leider kein Weg an gezielter Trainingsvorbereitung vorbei: Denn wer die Saison fest und schmerzfrei im Sattel sitzen und mehr Power kriegen möchte, muss vorab ins (heimische) Trainingslager. Dabei geht es nicht nur um die Beine, die vermeintlich das wichtigstes Werkzeug des Radlers sind, sondern um viel mehr. Wer sich nämlich nur um seine Beinmuskeln kümmert, hängt bald hinter her: Ohne trainierte Rückenmuskulatur, Arme und Nacken nützen die prächtigsten Wadenmuskeln nichts! Radfahren ist eine Beanspruchung, die den ganzen Körper betrifft – folglich sollte man entsprechend trainiert sein. Nur wie macht man das am besten, ohne sich gleich im Fitnesscenter anmelden zu müssen (was allerdings für sportlich radelnde Fahrer durchaus zu empfehlen ist)?
Kampf den Dysbalancen
Das entscheidende Detail beim Vorbereitungstraining für Radler ist die Balance. Ganz gleich, welche Muskelgruppen Sie trainieren, ob daheim auf dem Fußboden, im Sportverein oder im Fitnesscenter – Sie müssen es ausgewogen und gleichmäßig tun. Denn nur wenn beide Körperhälften vergleichbar trainiert sind, werden Sie später gerade auf dem Rad sitzen. So kann ein eventuell ungleiches Kräfteverhältnis in den Streck- und Beugemuskeln der Beine sowie den übrigen Körperpartien korrigiert werden. Besonders wichtig ist hier auch die Rumpfmuskulatur, die den Körper hält. Ein schiefer Sitz wirkt sich bereits nach kurzer Zeit auf die Bein- und Fußgelenke aus und führt zu Schulter- und Handgelenksschmerzen – vom gepeinigten Gesäß einmal ganz zu schweigen.
Auf die richtige Reihenfolgefolge kommt es an
Starten Sie Workout mit einem Warm-up, um den Organismus auf die nachfolgende Belastung optimal vorzubereiten. Gehen Sie dafür zehn Minuten auf das Bike-Ergometer oder die Fahrradrolle. Treten Sie dabei locker, treiben Sie den Puls nicht zu hoch: Bleiben Sie im unteren Grundlagenausdauerbereich (grobe Pulsfrequenz: 220 minus Lebensalter, davon 60 bis 75 Prozent). Wer keine Möglichkeit hat, ein Ergometer zu benutzen, kann hier leichtes und lockeres Lauftraining machen – das geht fast überall.
Absolvieren Sie im Anschluss zuerst die Kraftübungen wie Liegestütze, Beugeübungen für die Beine oder Rumpftraining. Erst zum Schluss folgen die Dehnübungen, um die hohe Muskelspannung zu reduzieren. Danach bitte das Cool-down nicht vergessen und eine angemessene Entspannungsphase einplanen. Nur so geht der Kraftzuwachs nämlich nicht zulasten der Ausdauerfähigkeit.
Die erste Tour!
Und dann endlich ist es soweit – es geht das erste Mal so richtig los! Wer die nachfolgenden drei Regeln beachtet, macht alles richtig:
Frage an Dr. med Michael Koob:
Woran liegt es, wenn trotz guter körperlicher Vorbereitung nach der ersten Tour alles wehtut?
Zunächst einmal dürfte es sich um Muskelkater handeln. Das ist normal und geht vorbei. Sollten Sie jedoch den Fehler gemacht haben, die Außentemperaturen falsch ein- und die Kraft der Sonne zu überschätzen, könnte der kalte Fahrtwind auch zu einer Überbelastung Ihrer Muskeln und Sehnengeführt haben. Da hilft nur eins: Wärme – und das nächste Mal angemessene Kleidung! Und das bedeutet konkret: nach dem Zwiebelprinzip, also warme Unterwäsche und darüber mehrere Schichten, die dann bei Bedarf abgelegt werden können.